Rondell mit Afrikaner*innen und Umbenennungsdebatte

Im Park Sanssouci gibt es ein Rondell, das als “M-Wort-Rondell” bekannt ist. In der Namensgebung scheiden sich die Geister. 2014 wurde in Potsdam sogar eine Umbenennungsdebatte angestoßen: Einige ortsansässige Stimmen stellten öffentlich Infrage, ob M-Rondell noch ein zeitgemäßer Name sei. Tatsächlich handelt es sich bei dem M-Wort um das älteste deutsche Wort für Schwarze Menschen.

Wissenschaftler*innen sind sich einig, dass das Wort von dem griechischen „mavros“ stammt. Übersetzt bedeutet das „dunkel“. Manche führen das Wort aber zurück auf das griechische „moros“. Das heißt so viel wie „naiv“ oder „dumm“. Klar ist, dass das M-Wort von weißen Menschen eingeführt und benutzt wurde. Auf diese Weise haben weiße Menschen sich schon vor hunderten von Jahren von Schwarzen Menschen abgegrenzt. Sie schrieben ihnen ein Anders-Sein zu.

Die originalen Büsten stehen mittlerweile im Schloss Caputh. Aber die Repliken im Park Sanssouci sind so angeordnet, dass die vier Schwarzen Büsten zu zwei weißen Büsten hinaufschauen. Das schafft eine Hierarchie. Zudem können die weißen Büsten als römische Kaiser identifiziert werden, wohingegen die Schwarzen Büsten ohne Namen bleiben. Es ist unklar woher sie kommen. Sie könnten von Melchior de Polignac stammen, der Friedrich dem Großen eine ganze Sammlung antiker Büsten verkaufte. Andere Quellen deuten an, dass die Schwarzen Büsten schon im 17. Jahrhundert in Auftrag gegeben wurden und zwar von Friedrichs Verwandten Johann Moritz Fürst von Nassau-Siegen. Fürst Johann Moritz war als Statthalter in Brasilien und verfolgte dort eine zivilisatorische Mission. In dem Fall wäre die direkte koloniale Verbindung der vier Schwarzen Figuren nicht zu leugnen.

Da nicht herauszufinden ist, wer für die Schwarzen Büsten Modell stand oder wen sie darstellen sollen, scheinen sie Schwarzsein allgemein zu repräsentieren. Das Schwarzsein wird so konstruiert, dass es als unterlegen wahrgenommen werden soll. Heute fällt als erstes die sexualisierte Darstellung der einen afrikanischen Frau auf. Das lässt sich so deuten, dass die weißen Preußen mit Schwarzsein einerseits Unterlegenheit und Primitivität verbanden, andererseits aber auch eine Faszination und ein gewisses Begehren.

Neben der negativen Generalisierung werden die Figuren weiterhin mit einem rassistischen Begriff bezeichnet. Deshalb ist unserer Meinung nach die Umbenennung des Rondells dringend notwendig. Zusätzlich wären Informationstafeln o.ä. wünschenswert. Damit könnte die geschichtliche Namensgebung thematisiert werden. Es wär außerdem eine Möglichkeit auf die Lücken in der Geschichtsschreibung hinzuweisen.

In anderen Beiträgen zum Park Sanssouci erklären wir noch ausführlicher, wie weiße Menschen Rassismus entwickelten, um sich selbst zu bereichern und ihre Ziele zu erreichen. Ganz konkret sprechen wir im Text zum Oranierrondell davon wie Schwarze Menschen verschleppt und versklavt wurden. Auf diese Weise landeten auch einige Afrikaner*innen hier in Potsdam.

Schon zu Zeiten des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm im 17. Jahrhundert etablierte sich in Europa die Mode, Bedienstete aus anderen Ländern zu haben. Afrikaner*innen waren besonders beliebt, weil sie als ausgesprochen „exotisch“ angesehen wurden. Der Große Kurfürst bestellte sogar Afrikaner*innen bei dem Seefahrer Benjamin Raule als wären sie Ware und keine Menschen. Raule unternahm in Friedrich Wilhelms Auftrag eine Expedition an die afrikanische Goldküste. Die Afrikanter*innen, die Raule und andere nach ihm für den Dienst bei Hofe nach Brandenburg brachten, wurden Hof-M. genannt. Sie mussten Turbane tragen, sowie Silberringe um den Hals und an den Ohren. Diese Merkmale kennzeichneten sie als Leibeigene. Diese Diener*innen hatten wenig bis gar keine Rechte, auch wenn sie einen geringeren Lohn erhielten. Der Hof-M. steht für das Phantasma des unterwürfigen Dieners aus Afrika. Der Hof-M. erinnert an ein zutiefst ungleichberechtigtes historisches Verhältnis zwischen Schwarzen und weißen Menschen. In einigen der preußischen Schlösser in Brandenburg und Berlin, können Sie auf Gemälden einen Hof-M. im Hintergrund sehen. Meist kann weder ihr Name noch ihre Lebensgeschichte rekonstruiert werden.

Eins ist klar, das M-Wort steht immer noch für die ikonische Erinnerung an den Kolonialismus. Es steht für die Perspektive derjenigen, die Menschen zu Ware degradierten und Handel mit ihnen trieben.

In Potsdam im Jahr 2014 stieß der Impuls für die Umbenennungsdebatte bei einigen lokalen Politiker*innen, Medien und weißen Bürger*innen leider auf klare Ablehnung. In einer Glosse in einer lokalen Zeitung wurde die Umbenennung sogar mit verschiedenen Vorschlägen verhöhnt: das Rondell könne doch alternativ als „Rondell mit Migrationshintergrund“ oder „Barack Obama Rondell“ bezeichnet werden oder es könnte abgerissen werden.

Mit unseren Texten auf dieser Seite und unserem Audioguide durch Potsdam möchten wir im Gegensatz dazu Perspektiven auf die Potsdamer Geschichte und Gegenwart bieten, die eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Rassismus ermöglicht.

Wir haben Schwarze Kolleg*innen gefragt, welche Gefühle dieses Rondell bei ihnen aufweckt und welchen Umgang sie sich damit wünschen. Sie finden ihre Kommentaren hier und hier.

Text von Anna von Rath

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