Ein Gespräch mit Andreas Menzel
und Uwe Prüfer zur Umbennungsdebatte
Andreas Menzel ist ein Ingenieur aus Potsdam, der seit langen in die Lokalpolitik involviert ist. Unter anderem war ein wichtiges Mitglied der Initiative, die sich für einen freien Uferweg am Groß Glienicker See und Griebnitzsee einsetzt, der von einigen Leuten, deren Privatgrundstücke am See liegen, gesperrt wurde. Lange war Andreas Menzel Mitglied der Grünen in Potsdam, ist da jedoch im März ausgeschlossen worden, weil es zu unterschiedliche Auffassungen gab, was die Forderungen einer Partei, deren Schwerpunkt auf Umweltschutz liegt, beinhalten sollten sowie persönliche Differenzen. Das heißt jedoch nicht, dass er nun aus der Politik aussteigt. Er hofft nun, dass die von ihm gestartete Debatte um das M-Rondell der Auslöser für eine Auseinandersetzung mit der Brandenburgischen Kolonialgeschichte sein wird.
Uwe Prüfer arbeitet bei VENROB e.V.. Dieser Verein bildet ein Netzwerk entwicklungspolitischer Gruppen, Initiativen und Vereine im Land Brandenburg. Zu den Aufgaben gehören die Vernetzung der entwicklungspolitischen NRO und Initiativen im Land Brandenburg, entwicklungsbezogene Bildungsangebote auf Landesebene und die stabile Finanzierung entwicklungspolitischer Bildungs- und Projektarbeit durch öffentliche und private Mittel, wobei insbesondere eine stärkere finanzielle Beteiligung der Landesregierung angestrebt wird. VENROB e.V. ist einer der Hauptansprechpartner für den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik des Landtages sowie für die zuständigen Bereiche der Landesregierung, auch über Pflege von Kontakten mit Landespolitikern.
Obwohl im benachbarten Berlin das Thema der Straßenumbenennung bzw. die Sensibilisierung für kolonial-rassistische Bezeichnungen bereits seit einigen Jahren sehr präsent ist, gab es derartige Debatten in Potsdam bisher nicht. Auch Andreas Menzels Wahrnehmung der Existenz und Problematik des so genannte M-Rondell kam eher zufällig: Beim Betrachten einer Karte des Parks Sanssouci fiel ihm die Bezeichnung M-Rondell ins Auge und er fragte sich, ob so etwas heutzutage überhaupt noch gesagt werden könnte. Die schwarzen Figuren stehen ohne Erklärung oder Kontext im Park, sodass eine Menge von Fragen ungeklärt bleibt: Sind sie nach in Potsdam lebenden schwarzen Menschen modelliert worden? Wieso wurden sie um zwei römische Kaiser herum positioniert? Aus welchen Gründen wollte Friedrich schwarze Statuen in seinem Park haben? Menzel war sich bald sicher, dass es notwendig ist, die Geschichte dahinter bekannter zu machen. Das Rondell soll seiner Meinung nach ein Ort des Gedenkens werden.
Uwe Prüfer stimmt Menzel zu, dass diese Debatte für Potsdam relativ neu ist. Zum einen da die POC Community weniger aktiv ist als in Berlin und somit bisher der nötige Anstoß fehlte, zum anderen gibt es seines Wissens nach im Land Brandenburg kaum mehr rassistische Straßen- oder Ortsnamen. Prüfer erklärt, dass in Potsdam andere Anknüpfungspunkte gesucht werden müssen, um die preußische Kolonialgeschichte und ihre Relevanz für unserem Alltag auf die allgemeine öffentliche Agenda zu setzten. Er unterstützt Menzels Idee Gedenkorte für die brandenburgische Kolonialpolitik zu schaffen. Am besten sollte die Thematik zudem in die Schulen getragen und im Bildungswesen verankert werden. Nur so kann eine Anerkennung historisch gewachsener Probleme stattfinden, die jeweils eigene Verantwortung wahrgenommen und konkrete Handlungsoptionen auf lokaler und Landesebene diskutiert und ausgeführt werden.
Die öffentlichen Reaktionen auf den Anstoß der Umbenennungsdebatte in Potsdam empfinden Menzel und Prüfer als enttäuschend. Menzel erklärt, dass die meisten Lokalpolitiker_innen Hobbyleute sind, die sich um ihre spezifischen Interessen kümmern, aber nicht um Dinge, die zunächst nichts mit ihnen selbst zu tun zu haben scheinen. Gerade Menschen, die sich bisher wenig mit der Kolonialgeschichte befasst haben, reagieren leicht ablehnend auf derartige Konfrontation. Sie mögen sich z.B. fragen, was sie als weiße Person im 21. Jahrhundert mit einer derartigen Debatte zu tun haben – es scheint zunächst wenig relevant zu sein, ob ein paar schwarze Figuren im Park mit einem rassistischen Begriff bezeichnet werden. Prüfer hat ähnliche Erfahrungen gemacht und erzählt, dass die Umbenennung von vielen als irrelevant abgetan wird, es wenig Interesse und kaum Resonanz gab.
Menzel und Prüfer beurteilen die Berichterstattung in der Märkischen Allgemeinen Zeitung als äußerst einseitig. Die MAZ hat nicht direkt mit denen gesprochen, die sich für die Umbenennung einsetzen. Stellungnahmen von VENROB e.V. und von der Antidiskriminierungsbeauftragten Brandenburgs wurden auf ein Minimum gekürzt. Auf diese Weise kann keine Debatte entstehen, doch genau das, so Prüfer, sollte passieren.