Fung Asseng und Fung Ahok

Zwei Chinesen in Potsdam im 19. Jahrhundert

In der Weinbergstraße 9 steht ein Haus aus gelblichen Backsteinen. Dieses Haus wurde 1843 für einen Mann namens Fung Ahok gebaut. Ahok war damals ein berühmter Potsdamer: Er war einer der ersten Chinesen in Preußen. Die Geschichte dieses Mannes und seines Kollegen Fung Asseng ist mit der Entwicklung der Chinastudien in Deutschland verbunden. Aber sie verweist auch auf den kolonialen Handel und die Rassenanthropologie.

Schauen Sie sich doch mal das Bild mit Assengs Lebenslauf an. Asseng wurde am Ende des 18. Jahrhunderts in Südchina geboren. Er verließ seine Heimat, um im Seezollamt zu arbeiten. Er konnte Chinesisch lesen und schreiben, hatte aber auch Englisch gelernt. Asseng verließ China 1816. Seine Reisen brachten ihn schließlich per Schiff nach London. Asseng schrieb selbst, dass er mehrere Kapitäne persönlich kannte. Es fungierte häufig als Dolmetscher an Bord.

Lebenslauf von Friedrich Wilhelm Fung Asseng, von ihm selbst geschrieben in seiner Übersetzung von Der Kleine Catechismus Lutheri (Quelle: Digitalisierte Sammlung der Staatsbibliothek zu Berlin, 1828)

In London lernte er im Hauptquartier der britischen Ostindienkompanie einen anderen Chinesen kennen. Dieser hieß Fung Ahok. Gemeinsam unterzeichneten sie einen Arbeitsvertrag bei einem deutschen Waffelbäcker und Schausteller. Mit dem Vertrag stimmten sie zu, in einer Show ausgestellt zu werden. Sie sollten dem europäischen Publikum als etwas exotisches gezeigt werden. Diese Art von entmenschlichendem Spektakel war zu dieser Zeit sehr beliebt. Die Schausteller nutzten die prekäre Situation der Ausländer aus, um mit ihren körperlichen Merkmalen Geld zu verdienen. Eine der berühmtesten, aber auch traurigsten Geschichten ist die Geschichte von Sara Baartman. Die Khoi-Frau Baartman kam aus dem südlichen Afrika. Sie wurde in Großbritannien und Frankreich ausgestellt. Asseng und Ahok wurden in die deutschen Städte Weimar, Jena und Halle gebracht und kamen schließlich nach Berlin.

Im Jahr 1823 wurden Asseng und Ahok in der Berliner Innenstadt ausgestellt. Der Bildhauer Johann Gottfried Schadow schaute sie sich an. Schadow ist bekannt für den Streitwagen auf dem Brandenburger Tor. Er zeichnete aber auch Porträts der beiden Chinesen, und vermaß ihre Körper. Zu dieser Zeit begannen europäische Wissenschaftler – zumeist Männer –, die Menschen aufgrund ihrer Physiognomie zu klassifizieren. Diese Praxis entwickelte sich schließlich in zweifelhafte, aber mächtige Theorien über Rassenhierarchie. Diese Theorien legitimierten den Kolonialismus, die Segregation und sogar Völkermord im 20. Jahrhundert.

Die Anwesenheit der beiden chinesischen Männer kam König Friedrich Wilhelm III. zu Ohren. Er sah in ihnen die Chance, das Studium der chinesischen Sprache zu entwickeln. Sein Interesse war so groß, dass er sicherstellen wollte, dass Asseng und Ahok in Deutschland bleiben würden. Kenntnisse über chinesische Sprache und Kultur könnten den Handel mit China ankurbeln. Mithilfe des Königs wurden Asseng und Ahok aus ihren Schaustellerverträgen entlassen. Friedrich Wilhelm III. übernahm alle Kosten für ihr Studium an der Universität Halle. Asseng und Ahok betraten die gleiche Universität, die fast ein Jahrhundert vor ihnen der berühmte afrikanische Philosoph Anton-Wilhelm Amo verlassen hatte. Sie studierten Deutsch und unterrichteten selbst einige Professoren in chinesischer Sprache und Literatur. Sie waren Pioniere für die Entwicklung der Sinologie in Deutschland. Sie übersetzten mehrere evangelische Texte ins Chinesische. Schauen Sie sich ihre originale Handschrift auf den Bildern an.

Asseng und Ahok erhielten zudem eine christliche Erziehung und wurden zur Taufe gezwungen. Fung Asseng änderte seinen Vornamen in Friedrich Wilhelm.

Ende 1825 wurden Asseng und Ahok nach Potsdam geschickt, um Gärtner zu werden. Ein Jahr später heirateten beide. Es waren wahrscheinlich die ersten deutsch-chinesischen Ehen der Geschichte.

Assengs Ehe dauerte sieben Jahre, und das Paar hatte vier Kinder. Doch nach dem Tod seiner Frau erlaubte ihm der König nicht noch einmal zu heiraten. Anscheinend begann Asseng zu trinken und sein Glück im Spielen zu suchen. Letztendlich sah er sich gezwungen einige Jahre in Potsdams Armenhaus zu leben. 1836 konnte er schließlich nach China zurückkehren und starb 1889.

Ahok heiratete eine Frau Namens Selle. Er verdiente ein komfortables Gehalt als Privatgärtner der Aristokratie. 1843 beauftragte der preußische König einen Architekten mit dem Bau dieses Hauses direkt vor Ihnen für Ahok und seine Familie. Ahok lebte hier bis zu seinem Tod im Jahr 1877.

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